
Die Wundheilung ist der gesamte Prozess, bei dem eine offene Wunde verschlossen und das Gewebe in seinem ursprünglichen Zustand wiederhergestellt wird. Die Wundheilung verläuft in mehreren Phasen, welche zur Reinigung und Vernarbung des Gewebes führen. Die Wundheilung wird im Allgemeinen in vier Phasen unterteilt, welche am Ende zur Wiederherstellung des ursprünglichen Gewebes führen.
Nicht immer verläuft die Wundheilung reibungslos. Krankheiten des Patienten, wie Diabetes oder Durchblutungsstörungen, oder Infekte in der Wunde können die Wundheilung verlangsamen oder sogar behindern.
Initialphase

Bei einer akuten Verletzung wie einer Schnitt- oder Schürfwunde kommt es häufig zur Schädigung von Blutgefässen und folglich zu Blutungen. Die Erfahrung zeigt uns, dass die Blutung in der Regel innerhalb von wenigen Minuten von allein aufhört. In der Tat reagieren die Blutgefässwände nach der Verletzung von Blutgefässen, indem sie sich zusammenziehen und den Blutverlust stoppen. Das ausgetretene Blut koaguliert, indem das Fibrin mit den Erythrozyten einen stabilen Blutklotz bildet, welcher das verletzte Gewebe abdeckt.
Die Blutkruste, die sich bei einer offenen Verletzung bildet, ist die natürliche Abdeckung der Wunde. Unter dieser Abdeckung spielen sich die weiteren Prozesse der Wundheilung ab. Aufgrund der Blutgefässschädigung
verringert sich die Blutversorgung im Bereich der Wunde. Es kommt zu einer sogenannten vorübergehenden vaskulären Stauphase, bei der das Gewebe mangelhaft durchblutet ist.
Der Prozess der Blutstillung beinhaltet die Abscheidung von Fibrin aus dem Plasma und die Bindung von Erythrozyten für die Bildung eines Blutkoagulums. Mit der Bildung eines oberflächlichen Blutklotzes wird die Blutung gestoppt.
Um die Wundheilung zu fördern, ist es empfehlenswert, die Wunde mit einem Pflaster oder Verband abzudecken und so die Krustenbildung zu verhindern. Durch das Anbringen eines Verbandes oder eines Pflasters lässt sich ein feuchtes Milieu in der Wunde aufbauen, welches die Beweglichkeit der Zellen und somit den Prozess der Wundheilung fördert.
Entzündungsphase

Der Übergang zur Entzündungsphase ist fliessend. Durch die Schädigung des Gewebes entstehen Botenstoffe, welche an die Blutbahn abgegeben werden. Diese Botenstoffe bilden zusammen mit der mangelhaften Durchblutung im verletzten Gewebe den Anreiz für die Wanderung von weissen Blutzellen (Leukozyten) in das verletzte Gewebe. Die Migration der weissen Blutzellen und ihre Aktivität im verletzten Gewebe ist das, was wir gewöhnlich als Entzündung von aussen erkennen: Rötung, Schwellung, Wärme, Schmerzen sind die Kardinalsymptome der Entzündung. Die Leukozyten, die in das verletzte Gewebe migrieren, gehören zu den Fresszellen (Phagozyten) des Immunsystems. Es handelt sich hauptsächlich um Makrophagen und neutrophile Granulozyten, welche im verletzten Gewebe Zelltrümmer, totes Gewebe und schädigende Mikroorganismen auffressen und so unschädlich machen.
Die Entzündungsphase ist eine Phase der Reinigung der Wunde. Sie ist gekennzeichnet durch die Einwanderung von Phagozyten in das verletzte Gewebe. Die Phagozyten helfen die Wunde zu reinigen, indem sie schädliche
Mikroorganismen auffressen und so die Wunde keimfrei halten. Der Phagozytoseprozess bei Makrophagen und neutrophilen Granulozyten ist ein hochwirksames Instrument unserer Leukozyten, welches es ihnen erlaubt, alle krank machenden Erreger in unserem Körper zu eliminieren. Makrophagen und neutrophile Granulozyten gehören zu der sogenannten unspezifischen Immunabwehr des menschlichen Organismus.
Die Entzündungsphase in der Wundheilung ist somit eine Reinigungsphase, welche auf natürlichem Wege totes Material und infektiöse Erreger unschädlich macht. Die Entzündungsphase ist in einem gewissen Sinn der natürliche Prozess, der zu einer Desinfektion der Wunde führt und somit auch die Basis für ein weiteres Fortschreiten der Wundheilung darstellt. Läuft die Entzündungsphase nicht ordnungsgemäss ab, kann auch die Wundheilung nicht stattfinden. Typisch sind chronische Wunden (zum Beispiel offene Beine), welche in diesem Stadium verharren und nicht weiter im Wundheilungsprozess fortschreiten.
Proliferationsphase

Aus dem Lateinischen stammt das Wort «Prolificum», was im weitesten Sinne bedeutet, sich zu vermehren. Bezogen auf die Wundheilung versteht man hierunter die Vermehrung von Zellen in der Wunde. In der Tat geht bei einigen Wunden, wie beispielsweise einer Schürfwunde, so viel Gewebe in der Haut verloren, dass die Neubildung des Gewebes zwangsläufig auch die Vermehrung der Zellen in der Wunde zur Folge hat. Wunden heilen jeweils von den untersten Hautschichten startend ab. Um beim Beispiel der Schürfwunde zu bleiben, heilen Wunden also von der mittleren Schicht, der Unterhaut (Dermis), ab.
Die Dermis besteht in ihrer Struktur aus Kollagenfasern, welche die Straffheit der Haut bestimmen, und Hyaluronsäure, welche zwischen den Kollagenfasern für die Bindung von Wasser zuständig ist. Die Fibrozyten und Fibroblasten in der Dermis sind grundsätzlich für den Unterhalt der Strukturen verantwortlich. Bei einer Verletzung mit Gewebeverlust teilen sich die Fibroblasten der Dermis und bilden das verlorengegangene Gewebe nach.
Nach der Entzündungsphase stellt sich die Proliferationsphase mit der Teilung der Fibroblasten ein. Die Fibroblasten haben die Fähigkeit, sich zu bewegen und zu vermehren. Dabei bilden sie neue Kollagenfasern und Hyaluronsäure. Die Fibroblasten sind ausserdem auch in der Lage, miteinander Kontakt aufzunehmen und dabei durch ihre Kontraktionsbewegungen die Wunde zu verkleinern. Mit der Wundkontraktion und der Gewebeneubildung wird die Wunde kleiner. Parallel zu dieser Phase der Wundkontraktion entstehen auch neue Blutgefässe in der Wunde, welche die Nähr- und Sauerstoffversorgung sicherstellen.
Epithelisationsphase

Die Krönung der Wundheilung wird mit der Epithelisierung erreicht. Nachdem die Dermis durch die Vermehrung der Fibrozyten und Kontraktion verschlossen wurde, beginnen sich vom Wundrand startend die Keratinozyten zu vermehren um die Wunde abschliessend abzudecken. Auch die oberste Schicht der Haut, die Epidermis, ist durch das Vorhandensein von Hyaluronsäure gekennzeichnet.
Die Epidermis besteht aus Keratinozyten. Die Keratinozyten in der Basalschicht durchlaufen eine Reifungsphase während ihrer Wanderung an die Zelloberfläche. Einmal auf der Hautoberfläche angelangt, bilden sie die Kornealschicht und schilfern ab.
Die untersten Zellschichten der Epidermis sind wie die Fibrozyten in der Dermis in der Lage, Hyaluronsäure zu bilden. Sie brauchen diese, um sich zu teilen und zu bewegen, auch während der gewöhnlichen Erneuerung der Haut. Bei einer Verletzung der Haut brauchen die Keratinozyten umso mehr Hyaluronsäure und ein feuchtes Milieu, um sich optimal zu teilen und zu bewegen.